Der anstrengende Weg geht weiter über den Jakobsweg

Der zweite Tag begann schon mit einem sehr schwerem Muskelkater. Ich hätte mehr auf meinen Körper hören sollen und eine kürzere Strecke am ersten Tag laufen müssen. Dafür habe ich, aber am nächsten Tag eine kürzere Strecke vor mir.

Ich krabbelte aus dem Zelt hinaus und merkte die frische, kalte Luft in meinem Gesicht. Um frühzeitig los zu können begann ich auch direkt damit, mein Zelt abzubauen und zu Verstauen. Genau in dem Moment, wo ich alles gepackt hatte und meinen Rucksack aufziehen wollte, öffnete sich die Türe am Haus und meine Gastgeberin schaute mich mit einem heißen Kaffee an. So liebevoll wurde ich morgens bisher sehr selten begrüßt. Wir setzten uns auf die Terrasse und genossen zusammen die Morgenluft bei einer Tasse Kaffee. Da ich aber schon los musste, da ich wusste, dass ich noch eine Anstrengende Strecke vor mir hatte, verabschiedete ich mich und versprach, mich nochmal zu melden, sobald ich an meinem Ziel in Spanien ankomme.

Meine Reise führte mich langsam, aber stetig durch die kleinen Dörfer am Rhein entlang.

Nach einiger Zeit kam ich auch endlich in Hersel an der Kirche St. Aegidius an. Die Türe war offen und ich konnte hinein. Als erstes fiel mir der Tisch am Eingangsbereich auf, auf dem ein Stempelkissen mit dem Pilgerstempel lag. Ich freute mich darüber wieder einen Stempel mehr in meinem Heft zu haben.

Ich ging durch die neugotische Kirche in Richtung des Altars und war fasziniert von den großen Glasfenstern im Chor.

Nachdem ich die Kirche verlassen hatte, lief ich aus dem kleinen Ort heraus und folgte dem Weg weiter durch Felder und Wiesen. Ich hatte vollkommene Ruhe und fühlte mich wohl mit dieser Einsamkeit. Sie gibt mir Zeit über mich und mein Leben nachzudenken. Nur wirklich etwas gebracht hatte dies noch nicht.

Mein Weg führte mich in den Bonner Ortsteil Graurheindorf. Dort angekommen traf ich auf einen guten Freund der mich herzlichst Willkommen hieß. Gemeinsam und mit viel Spaß liefen wir zur Pfarrkirche St. Margareta. Nach ihrer Besichtigung fuhren wir mit der Fähre zu ihm auf die andere Rheinseite.

Er lud mich zum Essen ein, und ich nahm dies selbstverständlich gerne an. Ich wurde in ein Gästezimmer geleitet und ich genoss die Gastfreundlichkeit. Nun hieß es erstmal Duschen gehen und das heiße Wasser genießen. Aber zuerst wurde der schwere Rucksack abgelegt.

Es war so ein Gefühl der Erleichterung, als der Rucksack endlich von den Schultern fiel.

Damit endete auch schon die Wanderung, aber noch lange nicht der Tag. Abends fuhren wir auf ein Konzert nach Bonn, wo er selber Aufgetreten ist. Mit ein paar Getränken und toller Musik ließen wir den Abend aber auch ausklingen und ich freute mich auf das Bett.

Nachdem ich richtig gut und erholsam geschlafen hatte, ging der Weg doch schon Recht früh für mich weiter. Ungefrühstückt aber dennoch erholt ging es nun um 7 Uhr erstmal zum Bäcker. Es gibt doch nichts schöneres als einen heißen großen Kaffee am morgen. Aber man muss ja nicht hetzen und kann also vor Ort noch einen zu sich nehmen.

Zu meinem eigenen Bedauern muss ich sagen, dass ich wirklich so schnell durch Bonn gelaufen war, dass ich mir gar keine Kirchen anschauen konnte. Ich fühlte mich nicht so wohl, aber hatte dennoch das Ziel, ein Stück der Strecke zu schaffen. Aber wenigstens einen schönen Ort konnte ich mir anschauen beim vorbeilaufen. Auf halber Strecke Richtung Venusberg Passierte ich noch das Poppelsdorfer Schloss im Zentrum von Bonn. Von dort aus war es nicht mehr weit, bis ich endlich wieder in die Natur zurück gefunden hatte.

Schon kurz hinter dem Schloss sah man schon den Anfang vom Wald. Endlich wieder Natur. Es ging langsam Bergauf und man merkte, dass es Hügeliger wurde. Direkt hinter dem St. Marien-Hospital begann der Venusberg mit seinem großen ausgedehnten Wald.

Ich folgte dem Schotter Weg immer weiter durch den Wald, bis ich zu einer kleinen Rasthütte gekommen war, in der ich mich erstmal ausruhte.

Die Rasthütte hatte den Vorteil, dass ich mich hinsetzen konnte und meine langsam Scheuernden Füße mit Tape und Blasen pflastern versorgen konnte. Am dritten Tag merkte ich, dass die ersten Blasen zwischen den Zehen auftauchten und wollte diese auch Vorzeitig schon mal behandeln.

Nach einer längeren aber dafür ausgiebigen Pause, hob ich meinen Rucksack wieder auf meine Schultern. Ich folgte dem Schotter Weg eine gefühlte Ewigkeit. Ich hörte die Töne der Natur und konnte auch etwas herunterfahren.

Es klang, wie ein Konzert von Vögeln welche durch das dichte Blätterdach zu hören waren. Der Wind rauschte durch die Baumwipfel und erzeugte dazu eine sanft begleitende Melodie.

Vor mir Lichtete sich der Wald und ließ die warmen Sonnenstrahlen bis auf den Boden Durchscheinen. Als ich näher zur Lichtung kam, merkte ich, woran dies lag. Mitten im Wald stand vor mir plötzlich ein großer Steinhaufen. Ein Denkmal, erschaffen für Kaiser Wilhelm dem 1. Als Gedächtnisort. Dieser wurde ihm von der Stadt Bonn errichtet und dieser Hain wurde ihm auch gewidmet.

Immer weiter führte der Weg mich durch den dichten Wald, bis ich nach insgesamt 18km auf die Michaelskapelle traf. Eine wunderschöne Barocke kleine Kirche. Leider ist die Türe verschlossen gewesen und ich wollte eigentlich den Pilgerstempel aus dieser Kapelle bekommen.

Dies war der erste Moment in dem ich mir dachte, dass ich nicht Aufgeben darf. Ich Lief über den Friedhof vor der Türe und schaute mir die alten Grabsteine und Statuen an. Riesige Figuren der heiligen Mutter standen vor mir. Also suchte ich weiter alles ab, bis ich auf der linken Seite am Nebengebäude eine Klingel gefunden hatte. Ich Läutete und die Türe öffnete sich. Eine ältere Geistliche Dame öffnete mir und wir Unterhielten uns ein wenig. Sie war Höchst erfreut, dass sich wieder ein Pilger zu ihr Verlaufen hatte. Es handelte sich wohl um ein kleines Kloster, welches leider nicht mehr so bewohnt gewesen ist, wie es mal gewesen war. Wehmut lag in ihrer Stimme als sie mir sagte, dass sie sich derzeit alleine um die Restbestände des alten Klosters kümmerte.

Sie schloss mir die Türe der alten Kirche auf. Schon beim Öffnen der Türe bin ich Fasziniert gewesen von ihrer Schönheit. Mein Blick ging sofort nach oben an die Decke die mit tollen Malereien und Stuck ausgeschmückt gewesen ist. Trotz ihrer schlichten Wände mit kleinen Fenstern zur Rechten und Linken Seite, kam es mir so vor, als würde das Licht welches durch die Fenster gedrungen ist, die Kirche vollkommen erhellte. Ich schlenderte durch den Mittelgang nach vorne zum Hochaltar. Dieser ist von Höchster Kunstfertigkeit errichtet worden und brachte mich zum Staunen. Wir beide setzten uns auf eine der alten Kirchenbänke und genossen einfach nur diesen Moment der Stille und der Schönheit.

Nach einer ausgiebigen Pause und einem Nettem Gespräch mit der Dame, gab Sie mir meinen nächsten Stempel für mein Stempelbuch. Ich verabschiedete mich und zog weiter.

Nachdem ich die Kirche verlassen hatte, lief ich aus dem kleinen Ort heraus und folgte dem Weg weiter durch Felder und Wiesen. Ich spürte die vollkommene Ruhe und mein Körper konnte vollkommen abschalten von den Strapazen des Tages. Die Einsamkeit gab mir Zeit, über mich und mein Leben nachzudenken.

Nur wirklich etwas gebracht hatte dies noch nicht. Aber was soll ich auch erwarten nach 3 Tagen. Zu sich selbst zu finden und die innere Ruhe wiederkehren zu lassen, dauert genau so lange wie die Weite Reise auf dem Jakobsweg selbst. Ich versuchte dennoch immer wieder darüber nachzudenken, was sich ändert in dieser aktuellen Zeit. Privat geht das Leben den Bach hinunter. Aber dennoch muss man immer das Positive finden? Aber wo ist das Positive? Ich sehe es noch nicht. Aber eines wusste ich dennoch: Ich werde nicht aufgeben! Der Weg führte mich den Hang wieder hinunter und ich landete in Bad Godesberg direkt am Rhein. Es ist eine schöne Ortschaft mit verschlungenen Straßen gewesen. Auf der Strecke zu meiner Herberge kehrte ich noch schnell in einen Laden ein und besorgte mir neue Blasenpflaster. Angekommen an meiner Übernachtungsmöglichkeit begrüßte mich wieder liebevoll eine noch recht junge Familie. Gemeinsam liefen wir über den Hinterhof wo eine Doppelgarage zu einem Gästezimmer ausgebaut wurde. Ich fand dort alles was ich benötigte und sogar eine Wanne ist vorhanden gewesen. Die Familie verabschiedete sich und leider habe ich diese auch nicht mehr wiedergesehen. Ich versuchte etwas abzuschalten und habe mir Badewasser eingelassen. Anschließend wurden die Füße wieder mit Tapes und Blasenpflastern versorgt und ich entspannte den restlichen Abend im Garten.

Aber dafür hatte ich einen weiteren Pilgerstempel bekommen.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert